„Wilhelmine“
Buchlesung in der Spreewaldbibliothek
Mina Witkojc am 30.08.2024
Mitwirkende:
Wolfgang Berg - Buchautor,
Lorenz: Moderation
Anna + Paula (in wendischer Tracht): Lesen der Kapitel
Meine Buchlesung mit Musik war ein voller Erfolg. Leider hat die Musikanlage des Hauses meine vorbereitete Audio-Begleitmusik ignoriert, sodass mein Saxofon im Instrumentenständer verbannt blieb. Das war schade!!!
Ich habe eine Lösung gefunden.
Auf dieser Seite ist neben dem Lese- und Erzähltext und den dazugehörigen Bildern nun auch die Musik dabei.
Vorgesehener Ablaufplan
- [Wolfgang, Einleitung] Amazing Grace - Saxofon
Vorgesehen war, dass die zweite Stimme und die Improvisation live mitgespielt werden, ist hier auch noch nicht so, ich werde die zweite Stimme demnächst dazu spielen.
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[Lorenz] Begrüßung
Buchlesung einmal anders – Nein, ich bin nicht Wolfgang Berg, der hat gerade den wohl bekanntesten Gospelsong der Welt auf dem Saxofon gespielt. Aber er und ich zusammen sind genauso alt, wie Wilhelmine in diesem Jahr wäre, 105 Jahre, und da schließt sich der Kreis.
Die Geschichte hinter dem Lied „Amazing Grace“ kennen nur wenige:
Den Text schrieb 1773 ein britischer Sklavenkapitän – John Newton. Die berührende Melodie komponierten unbekannte schwarze Farmarbeiter.
Keine Bange, es ist heute kein Gospel-Abend – und auch nicht die Sendung „Wer wird Millionär“, es ist eine Buchlesung mit Wolfgang Berg.
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[Wolfgang] Guten Abend auch von meiner Seite und herzlich willkommen in diesem wunderbaren Haus der Begegnung hier in Burg.
Ich danke dem Amt Burg, insbesondere Frau Möbes, für die Einladung zu dieser Buchlesung, freue mich, meinen Roman „Wilhelmine“ vorstellen zu dürfen, denn diese nostalgischen Momente aus der Zeit Wilhelmines sind nie wieder wirklich zu erleben. Und genau das ist es, was es so spannend macht, im Rahmen dieser Veranstaltung noch einmal in diese Erinnerungen einzutauchen.
Ja, jetzt sitze ich hier vor Ihnen und die Frage drängt sich mir auf: Welche Anrede wähle ich? Du oder sie? Eine Burgerin, die es wissen muss, sagte mir neulich, die Burger reden sich nur mit „Du“ an, wenn sie sich kennen. Aber sie kennen mich doch gar nicht – aber sie werden mich heute noch kennenlernen. Ja, und spreche ich sie mit Damen und Herren an? Übrigens begrüßte der deutsche Bundespräsident Heinrich Lübke 1962 in Liberia seine afrikanischen Gäste in seiner Anrede auch mit „Damen und Herren“, als er sagte: „Meine Damen und Herren, liebe Neger!“
Ich habe ein bisschen Bauchschmerzen damit, weil es angeblich diverse andere Individuen geben soll, außer Damen + Herren, 72 wohl an der Zahl. Ich habe heute Morgen vorsichtshalber in den Spiegel geschaut, konnte aber keine Veränderung an mir feststellen, ich bin der geblieben, der ich immer war, Wolfgang Berg.
Bevor es so richtig in die Vollen geht, möchte ich ein wenig aus dem Nähkästchen plaudern, mit anderen Worten, ich möchte mich kurz vorstellen: Als Wolfgang Berg habe ich in Burg die Schule besucht, von 1951 bis 1961. Geschichten aus meiner Burger Jugendzeit und darüber hinaus lasse ich mal weg, in meinen Romanen: „Geboren, um zu leben“ und „Die Eskapaden des Julian Bört“ ist darüber viel zu lesen. Nach dieser Burger Zeit zog es mich nach Drachhausen.
„Warum denn gerade nach Drachhausen?“, hatte damals auch Wilhelmine gefragt.
Man muss wissen: Die Drachhausener Burschen galten damals als rauflustige Hinterwäldler, die mit Nachdruck betonten: „Wir trrreten unsere Hühner alleine“, dabei klang das „R“ im Wort „treten“ dreifach.
Welche Mutter überlässt ihren Sohn schon gerne prügelnden Burschen mit Händen so groß wie Bratpfannen? Das mit den Bratpfannenhänden hat sich gelegt, möchte ich den Burger Burschen mitteilen, die Drachhausener Jungs sind mittlerweile zahm und friedfertig – ich habe ein Musterexemplar dabei. Auch schöne Mädchen gibt es in Drachhausen, wie man hier auf der Bühne sieht, immer noch.
Soviel zu mir und den Mädchen, es geht aber um das Buch „Wilhelmine“. Und da beginne ich gleich mal mit dem Vorwort. Ausschnitte aus den Kapiteln überlasse ich Anna und Paula. Die technische Betreuung erledigt Lorenz. Und mitten unter uns weilt in Gedanken Wilhelmine.
[Wolfgang] Vorwort „So, Kinder, jetzt habe ich wieder viel zu viel erzählt“, sagte Wilhelmine wie so oft zu den Zuhörern ihrer alten Geschichten. Sie stand auf und gab ihnen zu verstehen, dass sie jetzt gehen könnten. Sie würde sich ihren Tee brühen, Abendbrot essen und dann zu Bett gehen. Doch nach kurzem Schweigen fügte sie hinzu:
„Wartet noch einen Moment, ich habe etwas für euch!“ Es ist nichts Besonderes, aber ich dachte, ich zeige es euch trotzdem. Aus dem Wohnzimmerschrank holte sie handgeschriebene DIN-A4-Blätter und gab sie ihrem Sohn.
Das geschah an einem Samstag im Frühjahr des Jahres 2008, aber schon am nächsten Morgen forderte sie ihre niedergeschriebenen Erinnerungen zurück.
Ihre unzähligen Geschichten und dieses Ereignis haben mich sehr inspiriert und motiviert, diese fesselnde Familiensaga zu schreiben. Vielen Dank, Wilhelmine!
Und jetzt geht es wirklich um die Geschichten von Wilhelmine – Anna, Paula, bitte!
Kapitel 1
[Anna/Paula] Nein, ich war noch nicht richtig wach. Ich träumte in meinem warmen Federbett noch einen schönen Traum aus. Der gleichmäßige Rhythmus des Plätscherns, der seinen Ursprung im Eimer neben meinem Bett hatte, fügte sich nahtlos in diesen Traum ein. Die Klänge waren wie eine vielschichtige Melodie, die ich aus jedem aufgeschlagenen Tropfen heraushörte.
Ich schaute nach oben und entdeckte einen großen braunen Fleck auf der weiß gekalkten Lehmdecke, dessen Umrandung eine abstrakte Form mit kunstvoll gestaltetem Muster bildete. Im Zentrum dieses Flecks sammelte sich in rascher Folge ein Wassertropfen, der dann im Eimer sein Ziel fand.
[Lorenz] Eine Frage! Sind Lautstärke und Geschwindigkeit in Ordnung? - Okay!
Selbstverständlich besteht für Euch die Möglichkeit, zwischendurch Fragen zu stellen, Bücher während der Veranstaltung hier bei uns zu erwerben und auch Autogramme zu erhalten. Ihr könnt das auch gern in der Halbzeitpause tun, oder am Ende der Lesung. Ihr merkt, ich bin Fußballer.
Anna und Paula, bitte weiter.
[Anna/Paula] Ein lautes Geräusch unterbrach meine Träumerei. Es war die Haustür, die Mama sicher mit großem Kraftaufwand in ihren Rahmen fallen ließ – mit Erfolg. Sie hatte soeben ihre Tochter geweckt.
„Mama, Mama!“, rief ich aufgeregt, „der Eimer läuft über!“ Dann wurden meine schönen Träumereien endgültig von Mamas Schimpfkanonaden abgelöst.
„Der alte Suffkopf treibt sich nur in den Kneipen herum, statt das Dach zu reparieren!“
„Welcher alte Suffkopf?“, wollte ich wissen.
„Na, Papa, wer denn sonst? Frag nicht so viel und steh lieber auf! Waschen, Zähne putzen, los, los, wir haben keine Zeit! Nimm das Wasser gleich aus dem Eimer, dann wird er auch nicht mehr überlaufen. Es ist auch nicht so braun wie das Wasser aus der Pumpe.
„Ja, Mama, ich stehe ja schon auf.“
Ich richtete mich in meinem Bett auf und verharrte einen Moment im Schneidersitz. Durch die offene Zimmertür konnte ich bis zum löchrigen Strohdach des Flures sehen. Hier drangen bereits die ersten Sonnenstrahlen durch und lösten den eben noch heftigen Regenschauer ab. Geblendet sprang ich aus dem Bett und verfehlte nur knapp die bereitstehenden Holzpantoffeln. Ich stapfte auch lieber barfuß durch den weißen Sand des feuchten Bodens. Dabei betrachtete ich meine Fußspuren, die sich interessant von den mit einer Harke gezogenen parallelen Linien abhoben.
Die Träume der Nacht waren nun endgültig gewichen und ich konnte wieder klare Gedanken fassen: Es ist Ostersonntag und Mama will mit mir zu meinen Patentanten gehen. Dies wird voraussichtlich bis zum Abend dauern.
Schnell füllte ich die Waschschüssel mit klarem Regenwasser aus dem Eimer, schüttete mir zwei Hände voll Wasser ins Gesicht und glaubte, fertig gewaschen zu sein. Mama ermahnte mich jedoch:
„Keine Katzenwäsche, mein Kleines; Du musst dich bei den Patentanten in deinen neuen Sachen sauber präsentieren!“
„Neue Sachen?“, wunderte ich mich. Ich nahm den Waschlappen und strich mit der harten, groben Kernseife darüber. Endlich hatte ich so viel Seifenschaum produziert, dass Mama sich mit meinem Waschen zufrieden gab. Dann lüftete sie das Geheimnis des Zähneputzens.
„Minka!“, rief sie, „Überraschung! Eine Zahnbürste! Jeden Tag werden ab heute die Zähnchen geputzt, damit sie immer schön weiß bleiben und dir nicht verloren gehen. Das darfst du auch nicht vergessen, sonst siehst du bald so aus, wie die alte ‚Sultkanka‘.“ Was ich nun als Geschenk in den Händen hielt, war ein Knochen, in den in regelmäßigen Abständen kurz gestutzte Schweineborsten versenkt waren. Mama erklärte mir die Funktion dieses „modernen“ Zahnpflegegerätes und dann rubbelten wir mit diesem in meinem Mund herum.
„Und das soll ich nun täglich machen?“, fragte ich etwas verunsichert.
Mutters Geschenke kamen nicht immer so gut bei mir an. Meist waren es praktische Dinge, die ich sowieso irgendwann brauchte.
„Mama, ich ziehe mich jetzt an.“, sagte ich.
„Minka, warte noch einen Moment mit dem Anziehen!“, antwortete Mama, ging zum Schrank und kam von dort mit einer wendischen Tracht auf den Armen zurück. Dieses umfangreiche Kleidersortiment breitete sie auf meinem Bett aus. Es fand kaum Platz darauf.
„Selber genäht!“, sagte sie stolz und wies dabei auf Trägerrock, Schürze, Samtweste, Schultertuch und Haube. Mein Gesicht muss dieses Freude ausdrückende Strahlen meiner Mutter nicht gerade erwidert haben, denn sie fragte verwundert:
„Freust du dich denn überhaupt nicht?“
In meinem Kopf spielte sich das Anziehen dieser Sachen ab, wovon ich wusste, dass es sehr umständlich war und viel Zeit in Anspruch nehmen würde. Außerdem fand ich damals Mamas wendische Sachen nicht so schick, wie die der deutsch gekleideten Frauen in Burg-Dorf.
„Mama, ich will diese Tracht nicht haben!“, sagte ich trotzig. Mutter fiel fast aus allen Wolken.
[Wolfgang] All das ist genau hundert Jahre her und erscheint doch so unheimlich weit. Ich möchte in diesem Zusammenhang mein Buch: „Retter der Welt“ erwähnen, in dem zu lesen ist, wie unsere Welt in hundert Jahren aussehen könnte. Dieses Buch gehört zwar nicht zur Trilogie der drei bereits erwähnten Bücher, aber auch das erscheint unheimlich weit und ist nicht minder spannend und vielleicht auch ein bisschen realistisch.
Ihr werdet feststellen, dass ich im Buch „Wilhelmine“ größtenteils den auktorialen Erzählstil gewählt habe, das heißt, dass ich als Autor selbst nicht Teil der Geschichte bin, die wir erzählen oder vorlesen, sondern nur als Vermittler auftrete. Die Worte, die ich verwende, sind größtenteils meine eigenen, aber sie vermitteln die Erzählungen und Gedanken, die Wilhelmine auch mit mir geteilt hat, nun aus ihrer Sicht dargestellt.
In Kapitel 2 geht es um den Osterspaziergang, zu dem sich Wilhelmine zunächst nur widerwillig auf den Weg macht. Als Wilhelmines Mutter Luise an einem wunderschönen Haus stehen bleibt und zu weinen beginnt, ist Wilhelmine zunächst erschrocken. Sie erfährt zum ersten Mal in ihrem Leben, dass sie aus einer sehr wohlhabenden Familie stammt, und dass ihrer Mutter schlimme Sachen widerfahren sein müssen. So niedergeschlagen hatte sie ihre Mama noch niemals gesehen. Mit den ersten Geschenken von Tante Günther scheinen die schlimmen Momente von eben vergessen.
[Wolfgang] Kapitel 3 behandelt Wilhelmines Schulzeit - Am 1. Mai 1925 wurde Wilhelmine als „Minna Graz“ eingeschult. Mutter Luise hatte erst jetzt von diesem regulären Namen erzählt, denn bis zu dem Tage kannte sie sich nur als Wilhelmine Renberg.
[Anna/Paula] Zusammen mit den anderen Schulanfängern betrat ich das Klassenzimmer und fand schnell meinen Platz. Mein Blick fiel auf einen großen Haufen bunter Tüten. Was es damit auf sich hatte, erklärte uns der Lehrer gleich zu Beginn.
"Bevor die Schule richtig losgeht", sagte er, "bekommt jedes Kind eine Zuckertüte." Ein lautes, begeistertes „Jaaa!“ aus vierzig kleinen Kinderkehlen erfüllte das Klassenzimmer. Dann rief der Lehrer alle Kinder namentlich auf und gab jedem von ihnen eine dieser kleinen bunten Tüten. Mich schien er vergessen zu haben, denn ich wurde nicht aufgerufen. Während die anderen Kinder schon ihre bunten, glänzenden Tüten bewunderten, rutschte ich in meiner Bankreihe hin und her und verdrehte mir fast den Hals, weil ich dachte, dass irgendwo in einer Ecke noch eine Zuckertüte lag. Der Lehrer hatte niemanden vergessen. Er hatte auch mich nicht vergessen. Er stellte sich direkt vor meinen Platz und sprach mich von oben herab mit meinem neuen Namen an. Es war das erste Mal in meinem Leben, dass ich mit diesem Namen angesprochen wurde. Aber Mama sagte doch, dass ich Wilhelmine Graz heiße, er aber sagte:
„Na Minna Grazia, hat man dich vergessen?“
„Ich heiße Wilhelmine Graz!“, presste ich aus meinem Mund.
„Ja, ja, ich weiß das“, sprach er vor sich hin.
„Normalerweise müsstest du die größte Tüte bekommen.“
Dann legte er eine kleine spitze, graue Tüte auf meinen Platz und sprach weiter: „Deine Mutter hat nicht das Geld für eine Zuckertüte und schon gar nicht für den Inhalt.“
Ich sank mit herunterhängendem Kopf auf meine Bank zurück und hielt die Hände vor mein Gesicht. Obwohl ich nicht weinen wollte, kullerten die Tränen nur so aus den Augen heraus und weichten das vor mir liegende graue Tütenmaterial auf, aus dem sich bald einzelne Bonbon herauslösten.
Auf Bonbon hatte ich aber keinen Appetit mehr. Ich war wütend. Durch meine gespreizten Finger sah ich zu dem Lehrer auf und mir wurde in dem Moment bewusst, dass er mir die Tüte geschenkt hatte, weil Mama für mich keine Zuckertüte drüber hatte. Jetzt kamen mir wieder Mutters Worte von Ostern in den Sinn:
„Wir sind sehr arm.“
Ich biss die Zähne zusammen und nahm die Hände von meinem tränenüberströmten Gesicht. Auch wenn ich keinen klaren Gedanken fassen konnte, eines hatte ich begriffen: Ich war ein Außenseiter. Ich wollte keiner sein, aber ich konnte nichts dagegen tun. Niemand half mir in dieser Situation.
[Anna/Paula] In der Schule nannte mich der Lehrer immer wieder mal „Quitsch“, etwa so: „Na Minna Quitsch?“, womit ich nicht viel anfangen konnte. Ich ärgerte mich aber darüber und erzählte es meiner Mutter. Sie hatte für alles ihre Erklärung, auch für „Minna Quitsch“. „Der Lehrer“, so erklärte sie mir das, „war ein alter Bekannter deines Opas. Aber er war nie so reich und war daher, wie viele andere auch, neidisch auf ihn. Aber dein Opa hatte seinen Reichtum durch Klugheit und Fleiß errungen. Jetzt sind sie alle schadenfroh über seinen Untergang. Von dieser Schadenfreude sind auch wir zwei nicht befreit, obwohl wir damit nichts mehr zu tun haben. Auch ich komme mir manchmal vor, als werde ich mit Füßen getreten. Manch einer denkt, er wäre etwas Besseres, aber vor Gott sind wir alle gleich. Die dich heute belächeln, haben Angst, dass du morgen über sie hinauswachsen könntest. Füttere diese Angst, indem du in der Schule tüchtig lernst. Gott wird die Sünder strafen.“
1927 erhielt meine Mutter einen Brief von einem Berliner Gericht. In diesem Brief wurde ihr mitgeteilt, dass sie von einem Jacob Sommer Geld für mich erhalten sollte. Erregt sprach sie mich kurz vor meinem achten Geburtstag an. Dabei streckte sie mir den Brief mit zitternden Händen entgegen.
„Miena“, sagte sie, „nun bist du bald acht Jahre alt. Es ist jetzt die höchste Zeit, dir mehr über deinen richtigen Papa zu erzählen. Dein Papa heißt Gustav Achtel und nicht Jacob Sommer, wie hier in diesem Brief steht. Irgendjemand führt etwas Böses im Schilde.
[Wolfgang] Luise fuhr mit ihrer Tochter Wilhelmine nach Berlin zum Gericht.
Während der Fahrt trug Wilhelmine ein von ihrer Mutter selbst zurecht genähtes Kleidchen, zum Teil mit Tüllspitze aus der Spreewaldtracht verarbeitet. Es war wohl nach einem Muster aus der Kaiserzeit genäht, das nicht mehr der Mode von 1927 entsprach. Luise hatte sich sicher sehr bemüht, ein für die Großstadt taugliches Kleidungsstück zu kreieren. Wilhelmine wusste aber damals schon, dass ihre Mutter versuchte, aus der Not eine Tugend zu machen.
Je näher sie sich mit der Eisenbahn Berlin näherten, desto häufiger erhaschten neugierige Blicke ihr Outfit: Luises bunte, wendische Festtagstracht mit der großen, ausladenden Haube und Wilhelmines spezielles Kleid. Dazu hatte die Kleine auch noch einen großen, lila Fliederstrauß aus dem eigenen Garten in ihren Händen. Damit sollte sie ihren Papa begrüßen. Wie Exoten wurden die beiden betrachtet. Inzwischen waren sie beim Gericht angekommen, hier der Buchtext dieses Abschnitts:
[Anna/Paula] „Minka, jetzt kommen sie“, sagte Mutter und wies zu einer Tür des weiten Raumes hin, durch die soeben zwei gutaussehende Herren eintraten und uns entgegenkamen. Einer von beiden war eher mittelgroß und schlank. Er trug einen eleganten grauen Anzug mit Weste. Passend dazu fand ich seine schmale grau-weiße Fliege und die schwarz–weißen spitzen Lederschuhe. Seine goldverzierte Brille bestätigte die Vollkommenheit eines guten Geschmackes. Dem zweiten der beiden Herren sah man auch seine Herkunft aus wohlhabenden Kreisen an. Er war groß und von kräftiger Statur und ebenfalls sehr elegant gekleidet.
Mutter flüsterte mir ins Ohr, denn die beiden waren uns schon nahe:
„Der mit der Brille ist Gustav, dein Vater.“
Nun bekam ich doch ein wenig Herzklopfen. So einen in meinen Augen feinen Mann hatte ich in meinem Leben noch nie gesehen und schon gar nicht erwartet. Mein Papa zu Hause war manchmal auch schick gekleidet, aber doch nicht in solcher bestechenden schönen Garderobe.
Die Begrüßung, die von mir jetzt kommen sollte, kam mir einfach nicht über die Lippen. Mutter merkte das und lenkte ungeduldig ein:
„Na nun sag schon, Guten Tag Papa!“
Es ging dann alles sehr schnell. - Den Strauß hatte ich überreicht, und die Erwachsenen sagten sich ein paar Worte, die ich gar nicht so richtig mitbekam. Dann wandte sich meine Mutter mir zu und ging mit mir ein Stück zur Seite. Ihre Stimme war kaum wahrnehmbar.
„Der andere Herr dort heißt Rogozinski. Er ist Schneidermeister. Damals, als ich deinen Vater kennenlernte, kam er, wie viele andere wohlhabende Berliner, auch nach Burg. Durch ihn kam es zu dem Verhältnis mit Gustav Achtel.“
Mutter sprach mit mir auf einmal wie mit einer erwachsenen Person. Wahrscheinlich sah sie sich hier in Berlin schon in der Pflicht, mir ihre Beziehung zu meinem Vater verständlich zu machen. Rogozinski ahnte wohl Mutters Erklärungen trotz des Flüstertons und ging mit seinem Freund Gustav auf mich zu. Dann nahm er mich auf den Arm, entwendete seinem Freund die feine goldene, mit Verzierungen versehene Brille, samt goldenem Kettchen und setzte sie mir auf. Dann sagte er lachend:
„Na, eine bessere Ähnlichkeit kann es wohl kaum geben!“
Meine Mutter muss das genauso gesehen haben, denn sie bestätigte die große Ähnlichkeit mit den Worten:
„Weiß Gott, du hast recht!“, und stimmte in das Lachen von Rogozinski mit ein.
Auch ich fand die Brille auf meiner Nase nun lustig und lachte mit, obwohl ich diese Handlung damals noch gar nicht so richtig verstand. Mein Vater fand das alles scheinbar nicht so lustig, aber als er mich mit der Brille auf der Nase ansah, sagte er lächelnd:
„Dann wird es wohl so sein!“
Ich muss ihm ja wirklich wie aus dem Gesicht geschnitten geähnelt haben.
Am 28. Juni 1927 wurde ich acht Jahre alt. In Burg fanden die Spreewälder Heimatspiele statt. Direktor Frey vom Stadttheater Cottbus kam höchst persönlich zu uns in die Schule, um talentierte Kinder für das Kinderensemble ausfindig zu machen. Ich gehörte mit zu den Auserwählten. Mit einer Spreewaldtracht bekleidet spielte und tanzte ich fortan in der Kindergruppe des Ensembles mit. Wir erhielten als Kinder fünfzig Pfennige für jeden Auftritt. An einigen Sonntagen gab es sogar zwei Vorstellungen. Schauspieler vom Cottbuser Stadttheater übernahmen die künstlerische Leitung. Das Singen und Tanzen bereitete mir viel Spaß. Ab1932 gab es keine Heimatspiele mehr.
[Wolfgang] Kapitel 4 beschreibt Wilhelmines Konfirmation.
„Jetzt beginnt der Ernst des Lebens“, hatten die Erwachsenen gesagt. Sie aber hatte sich gefragt: „War das Leben nicht schon immer ernst genug für mich?“
Im fünften Kapitel wird die Geschichte von Luise erzählt. Wilhelmine wird bald vierzehn Jahre alt und Luise hält es für an der Zeit, ihrer Tochter ausführlich zu erzählen, was geschehen ist.
[Anna/Paula] „Ich hatte dir, als du fünf Jahre alt warst, mein Elternhaus, das Haus deiner Großeltern gezeigt. In diesem Haus wurde ich geboren. Dort hatte sich auch entschieden, wohin meine Reise geht.“
Im Roman ist es beim Lesen dieses Kapitels 5 manchmal nicht ganz leicht zu erkennen, in welcher Generation man sich gerade befindet, in der der Großeltern um Martin Graz, in der der Eltern um Luise oder gar in der Generation Wilhelmines. Ich verlasse daher die bisherige Erzählweise und erzähle nun aus meiner Sicht, also der sechsten Generation nach Martin Graz.
Luises Mutter Anna wurde im Alter von 16 Jahren mit Martin Graz verheiratet. Er war ein sehr wohlhabender Burger, Anna stammte aus einer Müschener Bauernfamilie namens Bramer. Sie schenkte achtzehn Kindern das Leben, darunter mehrfach Zwillinge. Von den achtzehn Kindern überlebten lediglich Luise, das achtzehnte Kind, sowie ihre beiden älteren Geschwister Martin und Anna. Martin verstarb im Alter von sechzig Jahren, während Anna ein Alter von 83 Jahren erreichte. Luises Mutter Anna bekam für ihr erstes Kind sogar eine Amme. Das war auf dem Land nicht üblich. Selbst in Großstädten wie Berlin war eine Amme keineswegs die Norm.
Martin Graz war Viehgroßhändler und verfügte über ein stattliches Jagdrevier. Er empfing in seinem Haus eine Reihe von Persönlichkeiten des Berliner Gesellschaftslebens, die dort rauschende Feste feierten. Luises Schwester Anna erwähnte wiederholt die sogenannten Berliner Jäger, von denen einer, Berliner Fritz, ein enger Freund von Martin Graz war. Er nahm an sämtlichen Jagden und Festlichkeiten teil. Der exzessive Lebensstil, der mit einer gewissen Prominenz einherging, wurde abrupt beendet, als eine Bürgschaft im Jahr 1894 die Grundlage für die Finanzierung des luxuriösen Lebenswandels entzog. Der aus Berlin stammende Fritz, für den Martin Graz gebürgt hatte, war insolvent. Er hatte sein gesamtes Vermögen verloren. Martin Graz musste daraufhin die Schulden des Berliner Fritz gegenüber den Gläubigern begleichen. So hatte er infolge einer Unterschrift, die er aus Gutmütigkeit und im vollsten Vertrauen auf seinen besten Freund geleistet hatte, sein gesamtes Hab und Gut verloren. Zudem hatten sich auch die anderen Berliner Freunde von ihrem guten alten Freund aus Burg abgewandt. Nach dem Motto "Jeder ist sich selbst der Nächste" war der einst wohlhabende Martin Graz, also Luises Vater, auf einmal auf sich allein gestellt, einsam und verlassen.
So oder so ähnlich muss es gewesen sein:
An einem regnerischen Apriltag des Jahres 1894 klopfte der Gerichtsvollzieher an die Haustür von Martin Graz. Er hatte den Auftrag, eine Zwangsvollstreckung durchzuführen und tat nur seine Pflicht. Damit nahm Luises Schicksal seinen Lauf. Sie war damals erst zwei Jahre alt, ihre Schwester Anna vierzehn und ihr Bruder Martin zwanzig. Für die großbürgerliche Familie Graz bedeutete dies das abrupte Ende ihres bis dahin beschaulichen Lebens. Von einem Tag auf den anderen besaßen sie nur noch ihr nacktes Dasein und waren völlig mittellos. Luise, das Nesthäkchen einer bis dahin wohlhabenden Familie, fand sich plötzlich und unerwartet in einer Welt wieder, in der sie unerwünscht war. Ihr Pech: Sie war ein kleines Mädchen, das niemand haben wollte oder konnte. Der gesamte Besitz ihres Vaters wurde versteigert. Auch Luise selbst gehörte dazu. Luises Mutter Anna musste jetzt als Dienstmagd ihren Lebensunterhalt verdienen, Luises Schwester Anna arbeitete schon als Zwölfjährige bei Fremden, um sich zu ernähren. Luises Bruder Martin war bereits zwanzig Jahre alt und arbeitete bis dahin im Unternehmen seines Vaters Martin. Er hatte Glück und kam als Fleischerlehrling bei einem alten Meister unter, das aber auch nur, weil die Beziehungen seines Vaters mitspielten. Als Geselle machte Martin sich bald selbstständig. Dazu mietete er gemeinsam mit seiner Schwester Anna ein altes Backhaus, unweit der Mühlspree gelegen. Dort produzierte er seine ersten Waren. Geschäftstüchtig war Martin, das hat er sicher mit in die Wiege gelegt bekommen.
Nach relativ kurzer Zeit eröffnete er im Dorf in der Nähe der Burger Mühle eine Fleischerei. Hier hatte er neben seiner Schwester Anna noch einen Gesellen in Lohn und Brot. Das gesamte Betriebsgelände gehörte seinem Freund, einem jungen Tischlermeister namens Nowik. Dieser heiratete jung und gründete bald ein eigenes Geschäft. So gab es viele Jahre lang zwei Handwerksbetriebe auf einem Hof mit einer Schlachterei und einer großen Tischlerei. Später kam noch das Friseurgeschäft Böttge hinzu. An der Straßenseite des Grundstücks stand das große Wohnhaus, in dem auch Martin eine Zweizimmerwohnung mit Laden mieten konnte. Für seine kranke Mutter wurde zudem ein kleines Stübchen angemietet. Was aus seinem Vater wurde, ist nicht überliefert. Vielleicht ist er seinen eigenen Weg gegangen, vielleicht hat er das ganze Drama nicht überlebt. Er war ja auch viel älter als seine Frau.
Bei einem Viehkauf im Riesengebirge (Schlesien) lernte Martin ein Mädchen namens Pauline kennen. Diese Pauline nahm er mit nach Hause. Bald war sie guter Hoffnung und sie heirateten. Der erste Sohn wurde geboren. Pauline arbeitete nun im Laden als Verkäuferin. Beim Verkauf der Fleisch- und Wurstwaren hatte sie jedoch große Schwierigkeiten mit ihrem Deutsch. Auch wenn die Burger Sprache damals kein Hochdeutsch war, so war der echte schlesische Dialekt für die Burger doch sehr gewöhnungsbedürftig.
Martins Schwester Anna arbeitete noch einige Jahre im Schlachthof und half auch im Laden aus. Sie wohnte etwa hundert Meter entfernt in einem Strohhaus, dort, wo ihr Bruder Martin einst sein Geschäft im Backhaus des Anwesens eröffnet hatte. Eine kleine Viehhaltung gehörte bald dazu. Martin kaufte das Grundstück für seine Schwester, die sich dann um die Viehzucht auf diesem kleinen Bauernhof kümmerte. So hatte er nebenbei ein weiteres Standbein, die Fleischproduktion.
Mit den Jahren vergrößerte sich die Familie. Vier Söhne und eine Tochter wuchsen heran. Bald halfen auch die Kinder im Betrieb mit. Anna hatte das Sagen in der Fleischerei und auch in der kleinen Landwirtschaft. Ihre Schwägerin Pauline hatte es nicht leicht. Doch das änderte sich mit dem Heranwachsen der Kinder. Sie übernahmen mehr und mehr das Ruder. Die hübsche Tochter Margarete, die nur Gretchen genannt wurde, löste Anna im Ladenverkauf ab. Auch im Schlachthaus wurden Gesellen eingestellt, so dass Anna nur noch für die Küche und den Haushalt zuständig war. Anna hat nie geheiratet.
Nach der Versteigerung des Besitzes von Wilhelmines Großeltern Martin und Anna Graz blieb nichts Brauchbares übrig. Aber da war noch die kleine zweijährige Luise, Wilhelmines Mutter, die niemand haben wollte. Sie gehörte zu dem Unbrauchbaren. In Burg-Kolonie und Burg-Kauper waren die Bauern arm und konnten sich nicht noch ein kleines Mädchen leisten. Auch die Gemeindevertretung bestand dort meist aus armen Bauern. Zwischen den drei Burger Ortsteilen gab es große Unterschiede. Besser gestellte Bauern gab es eher in Burg-Dorf. Dieses war nicht so oft vom Hochwasser betroffen, eine komplette Überschwemmung kam dort nur selten vor. Im Dorf konnte ein großer Teil der Felder mit dem Gespann bearbeitet werden. In Burg-Kauper und Kolonie mussten die kleinen Felder mit dem Spaten umgegraben werden. Luise ging später für eine Mark und fünfzig Pfennige den ganzen Tag graben. Der Transport der Produkte wurde mit dem Kahn erledigt. Die Erträge der Landwirtschaft waren bescheiden, wie das ganze Leben der Kleinbauern. Wer nicht fleißig war, endete schnell in bitterer Armut. Wenn ein kleines Mädchen als Pflegetochter angeboten wurde, also nicht einmal ein Junge, stieß man auf wenig Interesse. Einen Jungen würde man eher nehmen, weil er später vielleicht eine tüchtige Arbeitskraft in der Wirtschaft sein würde. Ein Mädchen zählte jedoch nicht viel und in dem Falle gleich gar nichts.
Aber irgendwo musste Luise ja unterkommen. Darin waren sich die Herren Gemeindevertreter einig. Deshalb boten sie demjenigen, der sie aufnehmen würde, eine Geldsumme an. Über die Höhe der Summe konnte man sich nicht einigen. So wurde beschlossen, dass derjenige, der die geringste Geldsumme forderte, das Mädchen in Pflege bekommen sollte. Er sollte damit auch alle Rechte und Pflichten erhalten. Nun ging es zu wie bei einer Versteigerung, nur umgekehrt. Die geforderten Geldbeträge wurden nicht größer, sondern immer kleiner. Einem anständigen, sehr frommen Mann wurde dieses Feilschen um die kleine Luise unerträglich. Er nannte einen niedrigen Betrag, den niemand mehr unterbieten konnte, und bekam sie nur mit den Kleidern, die sie gerade trug. Mehr blieb ihr bei der Versteigerung nicht. Es war Gottlieb Wichert, ein gebildeter und künstlerisch begabter Mann, der Luise erstand. Er war Kirchenältester und damit eine angesehene Persönlichkeit im Ort. Man respektierte ihn. Sein eigenes Kind war im Strenkel, einem kleinen Fließ in Burg, ertrunken.
Wicherts Frau hatte nicht viel für Kinder übrig, schon gar nicht für die Kleine von diesen Grazens, denen man in Burg schon vor ihrem Untergang prophezeite: „Hochmut kommt vor dem Fall“. Die ganze Sache mit den Grazens wurde von vielen Burgern mit Schadenfreude betrachtet. Aber Gottlieb Wichert war ein besonnener und kluger Mann. Sein Wort wurde in den Reihen der Kirchenvertretung befolgt. So sahen es die Frauen als ihre Pflicht an, dem Kind die nötige Kleidung und Wäsche zu beschaffen. Reich waren sie alle nicht. Aus abgetragenen Kleidungsstücken schneiderten die Frauen die Kleider. Gottlieb Wichert war es gelungen, auch seine Frau von der Notwendigkeit seiner Entscheidung zu überzeugen. Luise hatte Glück im Unglück und wuchs zunächst den Umständen entsprechend behütet bei den Wicherts auf. Sie hieß fortan nicht mehr Luise Graz, sondern Henriette Wichert, wie das verstorbene Kind. Die Pflegeeltern nannte sie Onkel und Tante. Sie wurde zu Sparsamkeit und Bescheidenheit erzogen.
1899 wurde Luise als Henriette Wichert eingeschult. Der Lehrer, ein guter Freund der Wicherts, erkannte schnell die Begabung der kleinen „Getta“, wie sie nun genannt wurde. Er lobte sie in den höchsten Tönen. „Getta“ war ihr wendischer Kosename, den sie während ihrer gesamten Schulzeit trug, denn in Burg Kauper wurde fast nur wendisch gesprochen. Zu Heriette sagte man einfach „Getta“. Dieser Name blieb ihr zeitlebens im Bekanntenkreis erhalten.
Der Onkel hatte seine Freude an dem Kind, vor allem als sich herausstellte, dass die Kleine auch musikalisch begabt war. Als Henriette zwölf Jahre alt war, schenkte er ihr ein Harmonium. Schon bald beherrschte sie das Spielen von Kirchenliedern. Andere Musik gab es im Hause Wichert natürlich nicht.
Trotz der schweren Arbeit, die Luise täglich verrichten musste, war das Leben beim Onkel erträglich. Sie lernte viel von ihm. Dank seiner ruhigen und besonnenen Art herrschte im Hause Wichert ein friedliches Zusammenleben. Kurz vor Weihnachten 1904 starb der Onkel. Damit war die harmonische Zeit für Luise zu Ende. Elterliche Liebe erfuhr sie nicht mehr. Auch zum Harmonium spielen blieb kaum noch Zeit. Sie musste jeden Tag bis spätabends ohne viel Pause schwer arbeiten und fiel dann meist todmüde ins Bett. Diese fast unerträglichen Belastungen Tag für Tag hinterließen ihre Spuren. Luise war oft krank. Aber wenn der Pfarrer oder später der Schulrat in die Klasse kam, dann schnitt sie bei den Prüfungen trotzdem immer gut ab.
Sonntags führte ihr Weg stets ins einige Kilometer entfernte Burg-Dorf zur Kirche. Zu Fuß natürlich, denn ein Fahrrad hatte niemand. Es gab den wendischen und den deutschen Gottesdienst. Die Kirchgänger aus Kauper und Kolonie besuchten den wendischen Gottesdienst, den Gottesdienst in ihrer Muttersprache.
Als Luise dreizehn Jahre alt war, hatte sie einen schrecklichen Unfall im Stall. Sie hörte den Bullen brüllen, und zwar in einem sehr jämmerlichen Ton. Als sie in den Stall kam, sah sie, wie die Kette den Kopf und die Vorderbeine des Tieres zusammenzog. Der Bulle rang nach Luft. Da sie jeden Tag im Stall arbeitete, war sie mit den Tieren vertraut und hatte keine Angst. Die Tante war nicht mehr in der Lage, diese schwere Arbeit zu verrichten. Mit ihren dreizehn Jahren war Luise klein und zierlich. Trotzdem wagte sie es, den Bullen zu befreien, der ihr sonst nie etwas getan hatte. Doch diesmal war es anders. Nach der Befreiung packte der Bulle Luise mit den Hörnern, warf sie hoch in die Krippe und ließ nicht mehr von ihr ab. Ein Bauer, der mit seinem Kahn vorbeifuhr, hörte die Schreie im Stall und konnte Luise in letzter Minute retten. Im Krankenhaus wurden schwere Verletzungen festgestellt: Rippenbrüche, ein gespaltenes Brustbein und schwere Schulterverletzungen. Auf der rechten Seite wuchs ihr ein Knochen aus dem Rücken, sie hatte nun einen kleinen einseitigen Buckel. Die Ärzte konnten ihr nicht mehr helfen. Es dauerte sehr lange, bis Luise wieder zur Schule gehen konnte. Trotz der langen Ausfallzeit bekam sie ein gutes Abschlusszeugnis.
[Wolfgang] Kapitel 6 beschreibt Wilhelmines Leben bei einer alten Lehrerwitwe und ihrer Tochter in der Cottbuser Wernerstraße. Wilhelmine hofft, hier endlich auf eigenen Füßen stehen zu können, etwas zu lernen und Geld zu verdienen. Stattdessen wird sie auf das Schlimmste ausgebeutet, ohne Lohn, ohne normale Verköstigung und Unterkunft. Luise ist zwar froh, einen Esser weniger zu Hause zu haben, aber als sie Wilhelmine an einem Sonntag nach sechs Wochen besucht, glaubt sie, nicht richtig zu sehen. Wilhelmine kämpft mit schweren Teppichen im Treppenhaus, die sie reinigen soll. Sie ist am Ende ihrer Kräfte und nicht mehr sie selbst. Luise kann nicht anders, als ihre Tochter wieder mit nach Hause zu nehmen.
Wilhelmine stellte sich immer wieder die Frage nach der Gerechtigkeit in der Welt. Ihren Dialog mit sich selbst und mit anderen habe ich in meinem Lied „Schicksalsmelodie“ musikalisch auszudrücken versucht.
[Lorenz] Nach dem Lied machen wir eine kurze Pause.
Schicksalsmelodie
– Pause –
Bücher, Autogramme, Fragen und Antworten zum Buch
[Anna/Paula] Es war Freitag. Wieder war eine Woche vergangen, in der ich kein Stellenangebot vom Arbeitsamt erhielt. Ich war mit Mama unterwegs zur Fleischerei Graz. Wir wollten Wurst für das Wochenende kaufen. Am Geschäft angekommen, sahen wir im Schaufenster, dass es nicht Tante Pauline war, die verkaufte.
„Schade“, sagte Mutter. „Von Pauline hätten wir noch ein paar Knochen für den Eintopf umsonst bekommen. Unter Verwandten gehört sich das. Schließlich hat sie meinen Bruder, deinen Onkel Martin, geheiratet.“
Wir betraten den Laden. Es war gerade kein Betrieb. Eine von Freundlichkeit nicht zu übertreffende Verkäuferin begrüßte uns. Minna Kulick, Mutters Cousine, war es.
„Weißt du schon, Luise“, sprach sie meine Mutter an, „Anna soll jetzt auch noch als Dienstmagd arbeiten, deshalb mache ich heute Vertretung. Das Dienstmädchen hat geheiratet und plötzlich gekündigt. Der Martin verlangt aber auch ein bisschen viel von seiner Schwester. Sie weiß gar nicht, was sie zuerst machen soll; hinten die Viehwirtschaft, vorne der Laden und nun auch noch den Haushalt.“ Dann schaute Fräulein Kulick mich von oben bis unten an und sagte in ihrer überaus freundlichen Art:
„Minka, wenn du nicht in Cottbus so eine gute Stelle hättest, der Herr Pfarrer hat mir davon erzählt, dann wärest du genau das richtige Dienstmädchen hier bei uns. Dann könnte deine Tante Anna sich wieder um die Viehwirtschaft hinten kümmern und im Laden nur noch Aushilfe leisten.“ Und dann schmeichelte sie, das konnte sie so gut: „In den Laden kann man ja auch nicht jedes Mädchen reinstellen, man muss schon etwas darstellen.“
Fräulein Kulick war bereits fünfzig Jahre alt und unverheiratet. Mama sagte mal von ihr, dass sie sehr vornehm und ordentlich und vor allem sehr fromm sei. Ich hätte mit dem Zuspruch des Fräulein Kulick gute Chancen, eine Arbeit bei Onkel Martin und Tante Pauline zu bekommen, dachte ich mir und wollte gerade sagen, dass ich nicht mehr in Cottbus arbeite. Mutter kam mir aber zuvor und übernahm das für mich.
„Minna darüber können wir reden“, sagte sie. „Ich glaube, dass Minka in Cottbus so viel gelernt hat, dass sie hier eine gute Kraft für Haushalt und Laden wäre. Das kannst du Pauline sagen. Minka könnte sofort die Arbeit aufnehmen, natürlich für ein Gehalt.“
Fräulein Kulick muss mit Mutters Antwort nicht gerechnet haben, denn sie wusste ja von der Auflösung des Cottbuser Arbeitsverhältnisses nichts. Jetzt schien sie auf einmal gar nicht so überzeugt von mir zu sein und sagte:
„Minka, du bist doch noch so jung. Traust du dir diese Arbeit überhaupt zu?“
„Ja“, sagte ich, „ich würde gern für Tante Pauline und Onkel Martin arbeiten.“
Tante Pauline hatte eine füllige Figur, und obwohl sie keine Schönheit war, wirkte sie hinter der Ladentheke mit ihrer großen weißen Gummischürze und dem weißen Leinenhäubchen auf dem schwarzen, gewellten Haar wie geschaffen für diesen Platz. Ihre Augen waren tief gesetzt und graugrün strahlend, umrahmt von langen, schwarzen Wimpern und ihr freundliches Lächeln erweckte bei jedem Kunden Sympathie oder sogar Zuneigung. An den goldenen Ohrhängern und dem dicken goldenen Ring an ihrem wulstigen Ringfinger konnte man einen gewissen Wohlstand erkennen. In Burg war Tante Pauline eine sehr angesehene Frau, eine Geschäftsfrau von Rang. Sie war halt wer.
Mein neuer Job bei Grazens spielte sich hauptsächlich in der Küche ab. Ich kam schnell an den Kochherd. Hier lernte ich richtig kochen und hatte gut zu tun. Das lag ganz in meinem Sinn. Endlich erfuhr ich eine richtige Ausbildung und ich arbeitete mich auch schnell ein. Die Tante konnte sich bald nur auf den Laden konzentrieren. Wenn sie sich mittags ein Schläfchen gönnte, durfte ich im Laden den Verkauf übernehmen. Der Laden war auch über Mittag geöffnet.
Tante Pauline zeigte mir, wie ich die Wurst abzuschneiden hatte, nämlich immer etwas reichlicher. Dann sollte ich sie auf die Waage legen und dabei höflich fragen, ob es ein Stückchen mehr sein darf. Diese Verkaufsmethoden bekam ich sehr schnell mit und man war mit mir zufrieden. In puncto Ordnung musste ich allerdings viel lernen, denn in der Fleischerei und im Haushalt ging alles sehr ordentlich zu. Bei uns zu Hause wurde für das Reinemachen weniger Zeit angewandt, denn da war ja die Ziege zu melken, ein Schweinchen zu füttern, und dann ging es raus „auf Acker“, wie man sich so ausdrückte. „Vom Putzen und Kehren kann sich der Bauer nicht ernähren“, sagte Mutter öfter mal zu mir.
Jeden Morgen brachte ich aus Tante Annas Stall frische Kuhmilch zu den Lieblingskunden des Ladens. Das hatte Tante Pauline so organisiert. Zu diesen Lieblingskunden gehörten andere Geschäftsleute, Lehrer und auch der Wachtmeister Fischwasser.
Waschteufel und Wringmaschine
Die schwere Hausarbeit blieb mir erspart. Dazu gehörte das Waschen der Fleischerwäsche mit einem sogenannten Waschteufel. Das war ein dicker Holzstiel, an dessen unterem Ende zwei übereinander hängende Zinkglocken mit Federn befestigt waren. Diese Arbeit wurde immer von einem der Männer ausgeführt. Mit diesem Waschteufel wurde die Wäsche, die aus dem Kessel kam, gestampft. Durch das Stampfen wurde Luft durch die Wäsche gewirbelt, was zur Reinigung beitrug. Es war eine schweißtreibende Arbeit. Zusammen mit Tante Anna wusch ich jedes Wäscheteil nach. Dazu wurde die Wäsche auf einem Fleischbrett aus dem Schlachthaus mit einer Bürste bearbeitet. Danach kam die Wäsche noch einmal ausgewrungen in den Kessel mit klarem Wasser.
Auch im Besitz einer Wringmaschine waren wir. Das waren zwei mit einer Kurbel angetriebenen Gummirollen, durch die die Wäschestücke gezwängt wurden, um am Ende ausgewrungen herauszukommen.
Im Frühjahr, wenn die Sonne schon kräftig schien, legte man die Leinensachen zum Bleichen auf den Rasen. Um schön weiß zu werden, wurden sie mit der Gießkanne regelmäßig begossen, danach gespült, erneut gewrungen und schließlich getrocknet.
Alle sechs Wochen war große Wäsche, da blieb ich für drei Tage bei Tante Anna. Tante Anna war sehr ordentlich und auch sehr fromm. Die Frömmigkeit bekam ich mit, wenn Fräulein Kulick bei ihr übernachtete und ich in der Stube auf der Ofenbank schlief. Dann lagen die beiden in ihren Betten und durchforsteten die biblische Schrift in ihrer Unterhaltung, oder sie sangen kirchliche Lieder, von denen ich noch nie etwas gehört hatte. Ob sie damit meinen Glauben an Gott festigen wollten, weiß ich nicht, zumindest haben sich unwillkürlich diese Bibeltexte und Lieder in meinem Gedächtnis eingeprägt.
Fräulein Kulick wohnte etwas weiter weg im Dorf und blieb nur über Nacht bei Tante Anna, wenn es im Laden später wurde. Das war meist in den Wintermonaten.
Die beiden alten Fräuleins sprachen sich immer sehr zum Munde, wie man es hier so sagte. Fräulein Kulick gab eine vornehme Dame ab. Sie sah mit ihren hochgeschlossenen Kleidern wie eine altmodische Oberschwester aus dem Krankenhaus aus. Die schlichte, nach hinten gekämmte Frisur mit dem großen Knoten im Nacken verlieh ihr ein gepflegtes, aber auch ernstes Aussehen. Ihre Gesprächspartner sah sie mit gespielter Freundlichkeit an, wobei ihnen immer eine gewisse Ahnungslosigkeit entgegenkam. Sie war einfach nur neugierig und versuchte durch diese raffinierte List eine ganze Menge in Erfahrung zu bringen. Dabei funkelten ihre dunklen Augen und strahlten ihr Gegenüber an, das aber nie so recht wusste, was das Fräulein eigentlich dachte. Ich hatte manchmal meinen Spaß, wenn sie das mit Tante Anna so machte.
Tante Anna
[Anna/Paula] Von Tante Anna wusste ich, dass sie Männer in ihrer Jugend und auch später nicht gerade zu ihren Feinden zählte. Zwei von ihnen wärmten sich noch bis in ihre alten Tage hinein auf ihrer Ofenbank auf, obwohl sie verheiratet waren.
Tante Anna lebte ihr eigenes, besonderes Leben. Sie benahm sich natürlicher als Fräulein Kulick. Sie ging auch im wendischen Rock, aber auf ihre eigene Art. Ihre Kleidung war ausschließlich dunkel gehalten. Tag und Nacht trug sie eine Mütze, im Sommer und im Winter. Am Tage war es eine rund gestrickte schwarze und in der Nacht eine weiße auskochbare Leinenmütze.
Die Tagesmützen strickte Fräulein Kulick für ihre ganze Umgebung. Allerdings trugen diese Frauen die Mütze nicht ständig, wie Tante Anna es tat. Tante Anna war halt eine besondere Frau, eben Tante Anna. Sie gefiel sich auch in ihrer Rolle. Dass die jungen Burschen der drei Gewerbebetriebe auf dem Hof die sehr selbstbewusste Tante Anna belächelten, störte sie nicht.
Gustav, mein ältester Cousin, betrieb mittlerweile einen Schallplattenladen der Firma „Telefunken“ auf dem Hof. Es handelte sich um ein damals sehr modernes Unternehmen. Eines Tages, als Tante Anna unsere Fleischerküche betrat, ertönte vom Plattenspieler im Wohnzimmer in voller Lautstärke das Lied:
„Tante Anna, Tante Anna, du bist die schönste Frau der Welt, so wie du gebaut bist,
Tante Anna, Tante Anna, du bist die Frau, die mir gefällt ...“.
Tante Anna schimpfte:
„Ihr habt wohl keine Arbeit, macht den Höllenkasten aus!“
Gustav griente übers ganze Gesicht und schaltete artig seine neue Errungenschaft aus. Der Gustav war der Schlimmste von den Burschen, wenn es darum ging, irgendjemanden aufs Korn zu nehmen. Bei mir machte er es auch oft.
Für mich war Fritz der Beste. Er war Anfang 20 und damit der Jüngste. Mit mir wollte er sich nicht anlegen, und das aus gutem Grund.
Abwechselnd mit dem Gesellen verkaufte er in der warmen Jahreszeit sonntagmorgens am Hafen Bockwurst. Da musste ich ständig dabei sein, um immer wieder neue Würste herbeizuschaffen. Gegen Mittag habe ich dann den Wurstkessel gereinigt. Fritz gab mir immer ein paar Groschen mehr Trinkgeld als der Geselle.
Nach getaner Arbeit durfte ich jeden zweiten Sonntag nach Hause gehen. Einmal im Monat nutzte ich die freien Sonntagsstunden, um die alte Stoßkante meines Rockes abzutrennen und die frisch gewaschene, gestärkte und gebügelte Kante wieder anzunähen. Diese verhasste Arbeit verrichtete ich in Tante Annas Stube. Wenn meine Sachen für die neue Woche in Ordnung gebracht waren, blieb vom Sonntag nicht mehr viel übrig.
An einem Abend saß Frau Nowik, die Hauswirtin und Meisterin der Tischlerei mit ihrer alten Schwiegermutter draußen in der Vorlaube des Hauseinganges. Ihr Blick wies zur gegenüberliegenden Gartentanzdiele der Gaststätte „Zum Schwarzen Adler“, wo Tanzpaare sich zum Rhythmus der Musik wogen. Sie luden mich ein, zu ihnen zu kommen. Es war ein wunderschöner Sommerabend und die Tanzfläche war bunt erleuchtet. Gern wäre ich über die Straße gegangen, um zu tanzen, wie die anderen Mädchen das durften. Aber für mich war das nicht möglich. Kurz nachdem ich mich zu Frau Nowik gesetzt hatte, rief schon Tante Pauline mit lauter Stimme meinen Namen durch den Hausflur: Die beiden Frauen in der Laube wunderten sich, was sie wohl noch von mir wollte. Doch die Tante kreischte weiter:
„Minna, sofort gehst du rein!“
Frau Nowik fragte:
„Pauline, warum machst du denn so einen Lärm?“
Das brachte die Tante richtig in Rage und sie forderte nochmals energisch:
„Minna, sofort gehst du rein!“, und ergänzte zu Frau Nowik gewandt: „Das Mächin wird bloß verdorben!“
„Bei uns wird dem Mädchen schon nichts passieren“, sagte Frau Nowik und schüttelte mit dem Kopf. Sie fand dieses Verhalten mir gegenüber auch unverständlich. Ich musste mich fügen und verschwinden.
Tante Pauline fühlte sich in der Pflicht, spätestens jetzt einzugreifen. …, denn auf der gegenüberliegenden Gartentanzdiele des „Schwarzen Adler“ spielte die Kapelle den damals aktuellen Schlager, „Lang, lang ist’s her“, ein Liebeslied - damals vielleicht so, im Swing-Rhythmus. Achten Sie bitte auf den „sittenwidrigen“ Text, den Sie auf der Leinwand mit verfolgen können.
[Wolfgang] „Lang, lang ist’s her“ (Saxofon)
Eines Tages tauchte ein Fremder auf, der gelegentlich am Küchenfenster vorbeiging, scheinbar ohne Ziel. Er grüßte auch jedes Mal in die Küche hinein. Wenn es etwas Neues gab, erfuhr ich es auch von Frau Nowik, so auch an diesem Tag. Sie erzählte, dass ihr Neffe Helmut Zinnow jedes Jahr in den Ferien mit seinem Rennrad von Berlin nach Burg komme, um sie zu besuchen.
Aha, dachte ich. Dieser Helmut war es also, welcher ein paarmal am Tage an unserer Küche vorbeiging und grüßte. Wie ein Berliner kam er mir allerdings nicht vor, denn er war ja noch schüchterner als ich. Das merkte ich, als er völlig errötet, ein paar Worte mit mir wechselte. Ich muss ihm wohl gefallen haben, aber er war absolut nicht mein Typ. Trotzdem meinte, dass wir uns doch schreiben könnten.
Ich sagte:
„Wenn sie wollen, können sie ja schreiben.“
„Nein, schreiben Sie zuerst“, antwortete er.
„Vielleicht“, sagte ich.
*
Nach einigen Wochen herrschte in der Fleischerei eine große Aufregung. Tante Pauline und Fräulein Kulick schienen ein Problem zu haben, von dem ich nichts ahnte. Sie schauten mich ziemlich finster an und liefen zerstreut wie wild gewordene Federviecher in der Küche hin und her. Schließlich fragte Tante Pauline sehr vorwurfsvoll:
„Minna, hast du einen Brief im Laden gefunden?“
Ich wusste nichts von einem Brief und auch nicht, worum es ging.
„Nein“, sagte ich, aber der scheinbar verschwundene Brief machte mich neugierig. Die ganze Woche bis zum Wochenende spürte ich, dass etwas in der Luft lag. Aber was? Es musste etwas mit mir zu tun haben, denn ich wurde wie eine Aufsässige behandelt. Aber ich war mir keiner Schuld bewusst.
Als ich am Sonntagnachmittag zu meiner Mutter nach Hause kam, hielt sie mir einen Brief vor die Nase.
„Hier, lies!“, sagte sie, drückte mir den Brief in die Hand, dann drehte sie sich von mir weg.
„Ein Brief von Papa aus Berlin?“, fragte ich aufgeregt und öffnete das Couvert erwartungsvoll.
„Weder von einem Frühling, Sommer, Herbst noch Winter, wie auch immer Gustav Achtel, dieser Schuft sich nennt, wirst du aus Berlin Post bekommen. Das ist ein anderer Berliner Schuft. Glaube mir, die taugen alle nichts. Tante Anna hat mir den Brief übrigens gegeben, sonst wüsste ich nichts davon.“
Völlig ahnungslos begann ich zu lesen:
„Warum haben Sie nicht geschrieben, wie wir es ausgemacht hatten?“, und so weiter und so fort. Das Ganze las sich so, als ob ich mit dem Helmut Zinnow wer weiß was für ein Verhältnis hätte. Zum Glück hatte ich meiner Mutter damals erzählt, dass ich zuerst schreiben sollte. Mama antwortete damals:
„Für das Geld, was die Briefmarke kostet, kannst du dir lieber eine Semmel kaufen.“ Das war ein Schlagwort meiner Mutter, wenn ich im Begriff war, etwas ihrer Meinung nach Unnötiges zu kaufen.
Helmut Zinnow fürchtete Tante Pauline wie den Teufel, und so vermied er es fortan, an Grazens Küche vorbeizugehen.
Von Grazens wollte ich nun unbedingt weg, denn unter diesen Umständen hielt ich es dort nicht mehr aus. Ich wollte endlich frei sein, mal andere Menschen um mich haben und mit Freundinnen tanzen gehen. Für diesen Schritt brauchte ich allerdings meine Mutter.
Tante Pauline fiel bei meiner Kündigung fast aus allen Wolken und war der Meinung, dass ich es doch gut bei ihr hätte und dass ich auch fünfzehn Mark im Monat bekommen würde. Ich war aber nicht mehr umzustimmen. Zu sehr hatte man mich bevormundet und praktisch entmündigt. Ich wollte weg und da führte auch kein Weg mehr zurück. Für mich war dieser Tag der Kündigung eine Befreiung aus einem unwürdigen Leben.
Rittergut Briesen bei Baron von Wackerbarth
[Anna/Paula] Als ich die Baronin Olga Kalau vom Hofe die große breite Freitreppe, welche mit bunten Teppichen belegt war, herabsteigen sah, kam ich mir ganz klein vor. Ihre erste Frage war:
„Können sie Hühner füttern?“
Über diese Frage war ich dann aber fast entsetzt, denn meine Vorstellungen waren von einer Anstellung in einem solchen Schloss doch ganz andere. Erinnerungen an die Cottbuser Dienstmädchenzeit kamen in mir hoch. Meine Mutter übernahm für mich die Antwort und fragte zurück:
„Sucht Frau Baronin denn nicht ein Küchenmädchen?“
„Natürlich, natürlich“, antwortete die Adelsfrau, „aber die Hühner gehören auch dazu.“ Das hörte sich schon besser an. Dann antwortete ich zur Zufriedenheit der Frau Baronin:
„Selbstverständlich kann ich auch Hühner füttern, das mache ich zu Hause jeden Tag.“
Am ersten August 1936 begann meine Anstellung als Küchenmädchen in hochherrschaftlichen Kreisen.
Mal wurde ich in einer hellen Mondnacht von einem Klappern geweckt. An Schlossgespenster glaubte ich nicht, trotzdem schlich ich im Schutz meines Kissens zum Fenster. Unten im Hof sah ich keine Menschenseele. Also legte ich mich wieder hin. Mein Zimmer befand sich ja oben in der ersten Etage.
Plötzlich war ich hellwach. Jetzt waren es Kratzgeräusche, die mich weckten. Das klang so, als tastete sich jemand an meiner Zimmerwand entlang. Vor Schreck stand ich nun in meinem Bett, aber ich sah niemanden. Das helle Mondlicht leuchtete mein Zimmer komplett aus. Ich verließ mein Bett und tastete mich bis zum Fenster die Wand entlang. Dann bewegte ich vorsichtig meinen Kopf vor die Fensteröffnung. Im gleichen Moment tat das auch jemand von außen. Wir sahen uns in die Augen. Vor Schreck schrie ich laut auf. Auch der Bursche, der auf dem Eisengitter des eine Etage tiefer gelegenen Waschküchenfensters stand, muss einen Schreck bekommen haben.
„Na warte!“, dachte ich. Und ehe er durch mein Fenster oder wieder zurück auf das Fensterbrett des Waschküchenfensters gelangen konnte, hatte ich meine Wasserkanne vom Waschtisch genommen und goss sie ihm über den Kopf. Dann schloss ich schnell das Fenster. Von unten im Hof hörte ich hallendes Gelächter. Ein paar Steinchen landeten noch an der Fensterscheibe, dann kehrte Ruhe ein. Damit, so dachte ich, hat sich diese Neckerei erledigt und ich schlief ein.
Am nächsten Morgen kam Lene, das Zimmermädchen zu mir mit der Nachricht, dass ich mich sofort bei der Frau Baronin zu melden hätte. „Oje“, dachte ich, „was will die denn von mir?“ Wichtig war nun für mich, das geforderte Prozedere einzuhalten. Ich begab mich schnell in Richtung der Gemächer von Frau Baronin. Beim Eintreten fragte ich:
„Frau Baronin wünschen?“
Olga Kalau vom Hofe war sehr ungehalten. Ich bekam eine Standpauke von ihr zu hören, die sich gewaschen hatte. Sehr entrüstet sagte sie zum Schluss:
„Einer der Kerle rief: ‚Olga, ich küss dir die Hand!‘. Ich verbitte mir, solche Dinge in Zukunft aufkommen zu lassen. Minnachen, ich habe beobachtet, dass dieser Krach an ihrem Fenster anfing. Ich werde alles der Polizei übergeben.“
„Jawohl, Frau Baronin!“, sagte ich, wie es sich für mich gehörte und verließ ihren Salon. Da hatte ich mein Fett weg und konnte wieder mal überhaupt nichts dafür.
Die ganze Sache verlief aber zu meinem Glück im Sande.
Einmal hatte auch ich die Möglichkeit, die Frau Baronin in ihrem Schlafgemach zu sehen. Lene hatte frei und ich sollte der alten Dame frisches Wasser bringen. Ich trat mit dem gewohnten Prozedere ein und war sehr erschrocken über ihren Anblick. Ich stellte fest, dass die Baronin eine ganz andere war, als wir sie tagsüber mit dem Baron und Pümpernelle, dem kleinen Hund, der so etwas Ähnliches, wie ein Dackel war, im Park oder Schloss begegnet waren. Sie hatte im Bett völlig zerzaustes, graues und sehr dünnes Haar, sodass ich sie kaum erkannte. Am Tage trug sie eine schöne braune Perücke, mit der sie viel jünger erschien.
Olga Kalau vom Hofe war zwar eine Frau von Adel, aber dennoch eine Frau mit Vorzügen und Nachteilen, wie jede andere Frau sie auch hatte. So rutschten ihr beim Laufen immer die Strümpfe etwas herunter. Lene erinnerte sie dann vorsichtig, so dass es niemand mithören sollte:
„Frau Baronin rutschen die Strümpfe herunter.“ Die Baronin zupfte ein wenig an den Beinkleidern und ging weiter, meist ihren kleinen Hund an der Seite.
Wenn ihr der Kleine mal weglief, dann rief sie mit ihrer eigenwilligen schrillen Stimme laut durch den Park: „Pümpernellchen, Pümpernellchen!“, so dass es auch der letzte Schlossangestellte amüsiert vernehmen konnte. Pümpernelle hatte es aber gut bei den Herrschaften, nicht so die Kutscher und anderes Gesinde.
Der Baron war ein alter, sehr ruhiger Mann. Er bekam alles, was er aß, mit der Briefwaage abgewogen, weil er zuckerkrank war. Von der Mamsell erfuhr ich vieles von ihm: Dass er Oskar Freiherr von Wackerbarth heiße und auch von Bomsdorf genannt würde, dass er am 13. November vierundsiebzig Jahre alt werden würde und sogar Assessor juris sei. Als Landrat des Landkreises Cottbus hätte er sich sogar für die Errichtung der Spreewaldbahn und den Bau des Bismarkturmes in Burg engagiert.
Ende August feierte das Gut sein alljährliches großes Erntefest zu welchem uns der Melkermeister, der damals Schweizer genannt wurde, einlud. Er sagte, dass nach altem Brauch die Herrschaft mit dem gesamten Schlosspersonal daran teilnehmen würde. Lene sagte zu, sie hatte einen Freund aus dem Dorf, den sie mitnehmen wollte. Die Mamsell hingegen wollte sich das noch überlegen. Sie hatte keine richtige Lust, dort hinzugehen. Ich war geteilter Meinung, weil ich mich fragte: „Wer weiß, mit welchen Sitten so etwas verbunden ist“, und erzählte der Mamsell von meinem ersten Jugendtanzabend. Sie fand, für mich überraschenderweise, diese Sitten nicht ungewöhnlich. Sie kannte das. „Hier in Briesen wird beim Erntefest abends nur getanzt und es gibt ein Essen“, sagte sie. „Minna, wenn du mir versprichst, mit mir gemeinsam nach Hause zu gehen, würde ich gern mitkommen.“ Ich war dann auch einverstanden und wir sagten beide zu.
Ich zog mein neues Kleid aus einem aufgetrennten Rock der Tracht an. Es stand mir richtig gut und ich merkte auch beim Betreten des Saales, dass die Männer, die an der Theke standen, ihre Blicke in meine Richtung warfen. Ob diese mir oder der neben mir gehenden Mamsell galten, wusste ich nicht so genau. Aber die Mamsell mit ihrem zugeknöpften altmodischen Kleid war für die Briesener jungen Männer sicher nicht so interessant. Mich kannte hier noch niemand, denn erstens war ich noch nicht all zu lange im Schloss tätig und zweitens hatte ich sonst ja noch keinen Ausgang. Lene stand mit ihrem Freund bei unserem Eintreffen mit einem Weinglas in der Hand bereits an der Theke und winkte uns zu. Sie hatte schon einen Tisch reserviert, an dem auch Platz für uns zwei vorgesehen war.
Der Tanz begann und die Männer, die solange an der Theke standen, rannten zu den Tischen, um eine der Frauen oder Mädchen zum Tanz aufzufordern. Auch ich verpasste zum Leidwesen der Mamsell kaum eine Tour. Was mir besonders gut gefiel, waren die kurzen Auftritte der Briesener Mädchen in den Tanzpausen. Sie stellten sich im kleinen Kreis auf und sangen Volkslieder. Da hörte ich das Lied „Am Holderstrauch“ zum ersten Mal.
In einer Tanzpause stand plötzlich der Schweizer, den hier alle Franz nannten, mit einem kleinen blonden Burschen mitten auf der Tanzfläche. Sie unterhielten sich und schauten immer wieder mal zu unserem Tisch herüber.
„Der sieht ja wie der Schweizer aus“, hörte ich vom Nebentisch. „Die beiden sind sich ja auffallend ähnlich, nur dass der Fremde viel kleiner ist.“ Auch die anderen Mädchen tuschelten miteinander. Scheinbar zeigten sie Interesse an diesem jungen Mann. Eine sagte:
„Ich schätze ihn zwanzig Jahre.“
Als die Musik wieder einsetzte, kam doch der Fremde mit flottem Schritt geradezu in Richtung Mamselltisch, an dem ich natürlich auch saß. Die Mamsell flüsterte erschrocken:
„Minnachen, der kommt ja zu ihnen!“ Ich wollte es nicht glauben, aber dieser blonde junge Mann, der wirklich genauso aussah, wie der Schweizer, stand vor meinem Platz, verbeugte sich und forderte mich zum Tanz auf. Irgendwie freute ich mich über diese Tanzaufforderung, dass er gerade mich als seine erste Tänzerin auserwählt hatte. Ich verspürte, dass die anderen Mädchen rundherum auch von ihm sehr angetan zu sein schienen. Aber nun tanzten wir zwei, und das eigentlich gleich ziemlich flüssig. Um während der ersten Schritte mit ihm ins Gespräch zu kommen, entschuldigte ich mich dann trotzdem für meine mangelnden Tanzfähigkeiten:
„Ich war noch nicht viel zum Tanz, aber ich möchte es richtig lernen“, sagte ich.
„Ach, das geht doch ganz gut“, antwortete er. „Hier wird doch sowieso fast nur Walzer und Rheinländer getanzt.“
Er kam mich dann öfter holen und meine Mamsell berührte mich aufgeregt am Ärmel und fragte:
„Minnachen, hältst du dein Versprechen auch ein?“
„Selbstverständlich“, sagte ich und hielt am Ende dann auch Wort.
Der fleißige Tänzer erzählte mir, dass er hier in Briesen für seinen Bruder die Vertretung im Stall übernahm, da der Bruder das gesamte Erntefest zu leiten hatte, und dass er öfter in Vertretung hier arbeiten würde. Er stellte sich als Paul vor und bot mir auch gleich das „Du“ an. Als er mir dann auch noch erzählte, dass er fast dreißig Kilometer mit dem Motorrad bis Briesen zu fahren hätte, dachte ich bei mir, dass ich vielleicht eine von vielen Mädchen war, die er zu umgarnen versuchte. Vielleicht war er so ein „leichtes Bürschchen“, vor dem man sich in Acht nehmen sollte.
Nun kam es zu dem großen Essen, von dem die Mamsell erzählt hatte. Eine lange Tafel dicht vor der Bühne war für alle vom Schloss, einschließlich Herrschaft vorgesehen. Franz, der Schweizer, hatte alles bestens organisiert. Die Herrschaft und die Schlossangestellten nahmen auf der Bühnenseite der Tafel Platz. Auf der gegenüberliegenden Seite der Tafel saßen die Kutscher, Schweizer und wer sonst noch auf dem Rittergut arbeitete. Und welch ein Zufall? Genau mir gegenüber saß der kleine Blonde mit den etwas welligen Haaren. Irgendwie kam mir das alles etwas sonderbar vor. Das konnte doch kein Zufall sein. Es fiel mir schwer, geradeaus zu sehen.
Nach dem Essen rief die Kapelle eine Damenwahl aus. Ich überlegte, denn zwei Tänzer waren es, die besonders oft mich zum Tanz aufforderten. Neben dem blonden kleinen Schweizer war es noch ein achtzehnjähriger Bäckergeselle aus Briesen. Den anderen schätzte ich ja zwanzig Jahre. Ich entschied mich für den Älteren, denn der, so dachte ich, ist ja bald wieder fort. Der Briesener würde vielleicht bei Gelegenheit im Schlosshof auftauchen und ich bekäme womöglich wieder Ärger.
Der Erntetanz neigte sich dem Ende zu. Gemeinsam mit der Mamsell ging ich in Richtung Saaltür. Dort saß Onkel Kito (Christian), der Bruder meines Stiefvaters mit seiner fünfzehnjährigen Tochter noch an einem Tisch. Bei denen verabschiedete ich mich. Der kleine Schweizer saß zufällig daneben und fragte:
„Minna, darf ich dich nach Hause bringen?“
„Nein, danke, ich gehe gemeinsam mit der Mamsell nach Hause, ihr habe ich es versprochen!“, antwortete ich schnell und direkt.
Das hätte ich also geklärt, dachte ich. Die Mamsell freute sich, dass ich Wort gehalten hatte. Als wir in der Nähe des Schlosses waren, traute ich meinen Augen nicht, denn der kleine Schweizer stand schon wieder da. Über einen Umweg machten wir uns schnell davon. Ich wollte auf keinen Fall leichtsinnige Sachen anfangen.
Am nächsten Morgen hatte ich, wie sonst auch immer, vor dem Kuhstall für die Schlossküche die Milch beim Schweizer Franz abzuholen. Da sprach er mich an und sagte:
„Paul hat geschrieben. Er würde dich sehr gern treffen. Lässt sich das nicht einrichten?“
„Er kann ja gar nicht so schnell geschrieben haben!“, sagte ich.
„Nein, aber treffen möchte er dich wirklich gern.“
„Nein, das geht nicht.“, sagte ich. „Ich habe noch keinen Hausschlüssel, weil ich noch nicht achtzehn bin.“
Ich sprach mit der Mamsell, wusste, dass sie einen Narren in Paul gefressen hatte:
„Ich würde Paul gern mal wieder sehen, um ihn ein wenig besser kennen zu lernen, aber das geht ja nicht; oder doch?“
„Minnachen“, antwortete sie darauf, „ich habe mich entschlossen, wenn sie es wollen, für sie auf eigene Verantwortung eine Ausnahme zu machen.“
„Ja, wirklich?“
„Ich würde ihnen meinen Hausschlüssel borgen.“
„Danke, Frau Scholz“, sagte ich überglücklich.
[Wolfgang] Der Baronin kam zu Ohren, dass ich ein Verhältnis mit dem Bruder des Schweizers Franz hatte. Darauf hin sprach sie mich an. Zunächst wusste ich gar nicht, was sie wollte, denn sie machte es richtig spannend. Mit ihrem Gehstock fuchtelte sie in die Richtung, in der ich ihr folgen sollte. Dabei sagte sie wiederholend:
„Kommen sie nur, kommen sie nur ...“, bis sie mit mir im Esszimmer ankam. Dann stellte sie sich vor das große Fenster und sagte: „Kommen sie nur her!“. Dabei winkte sie mir zu.
Was sie jetzt wohl vorhaben würde, war mir völlig unklar. Nun fing sie wieder an, mit ihrem Stock herumzufuchteln.
„Sehen sie mal zum Fenster hinaus! Sehen sie den hohen Baum, der bis zu diesem Fenster dort oben reicht?“
Ich nickte und war gespannt, was nun kommen würde.
„Das Zimmer dort oben gehörte unserem Stubenmädchen Lisa. Und denken sie nur! Dort hinauf, auf diesen Baum kletterte eines Abends der Schweizer, welcher ja nun ihr Schwager werden soll, hinauf und sah zu, wie sich Fräulein Lisa wusch. Denken sie nur!“
Ich hatte große Mühe, einen ernsten Gesichtsausdruck zu behalten, und sagte:
„Jawohl, Frau Baronin!“
Wortlos entließ mich die alte Dame, die scheinbar alles versuchte, um mir den Kontakt zu dieser Schweizerfamilie auszureden.
Ich hatte Spaß daran, diese Geschichte meinem zukünftigen Schwager zu erzählen, der ja die Alte gut kannte. Er hatte ein anderes Erlebnis auf Lager und erzählte:
„Jeden Morgen, sehr früh, wenn ich beim Melken bei einer bestimmten Kuh angekommen war, eröffnete sich für mich ein köstliches Bild. Das nicht mehr ganz junge Fräulein Baroness machte nämlich zu dieser Zeit, sportlich wie sie war, täglich auf dem Balkon ihre Morgengymnastik, und zwar im Evakostüm. Natürlich hielt ich die Melkzeit bei dieser Kuh immer ein. Das Fräulein Baroness konnte mich sehen und hielt ihre Zeit auch immer ein.“
Von der Baronin gab er noch eine lustige Geschichte zum Besten, wie sie den Freund des früheren Stubenmädchens Herta, der sich unter dem Bett des Mädchens versteckt hatte, mit ihrem Krückstock hervorzog. Eine frühere Mamsell wollte dem Mädchen wohl eins auswischen und erzählte der Baronin, dass Herta ihren Verehrer im Zimmer hätte. Die Baronin nahm neben der Mamsell auch den alten Baron mit. Gemeinsam standen sie vor der Tür und lauschten. Als niemand zu hören und zu sehen war, klopften sie an die Tür. Als Herta öffnete und auch drinnen kein Verehrer zu sehen war, wollte der Baron schon gehen mit den Worten:
„Da ist doch keiner!“
Aber die Mamsell erwiderte gleich hinterhältig:
„Gucken sie doch mal unters Bett, Frau Baronin!“
Die Baronin suchte mit ihrem Spazierstock den Raum unter dem Bett ab und hatte Erfolg. Sie zog den Jüngling hervor. Ängstlich stand er vor der Adelsfrau und versprach ihr dann recht artig, die Herta heiraten zu wollen.
Bevor ich das Buch ganz zuklappe, möchte ich Ihnen kurz erklären, warum ich Musik in diese Buchlesung eingebaut habe. Musik spielte im Leben Wilhelmines immer eine wichtige Rolle.
Schon als Kind hatte sie gerne gesungen. Später sang sie oft gemeinsam mit meinem Vater alte Lieder aus vergangenen Jahrhunderten.
Hier ein Beispiel aus ihren letzten Lebensjahren, „Auf der Alm“.
Auf der Alm
Das Wohnzimmer, ich nenne es mal Großmutters Stübchen, war immer wieder Treffpunkt der Familie und Bühne zugleich, denn die Musik stand immer im Vordergrund. Mit Geigen, Mandolinen, Gitarren, Bass, Akkordeon, Klarinette, Trompete oder auch Saxophon wurde musiziert.Hier ein instrumental gespieltes Beispiel:
"Es dunkelt schon in der Heide"
Und natürlich wäre kein Volkslied vollständig ohne Gesang, der diesen meist uralten Kompositionen Leben einhauchte, wie beim folgenden Lied,
„Es ging bei hellem Mondenschein“
Es wurde aber nicht nur musiziert, Vater und Mutter erzählten auch viel aus ihrem Leben, auch von dem ihrer Eltern und Großeltern.
Diese Erzählungen wurden schließlich zur Grundlage der Familiensaga „Wilhelmine“.
Die Lesezeit ist fast vorbei. Wie in der Spreewaldzeitung angekündigt, präsentiere ich nun drei meiner neuen Bücher mit kurzen Ausschnitten.
Als erstes „Die Eskapaden des Julian Bört“, ein Liebesdrama.
… Fünf Minuten eher, als alle anderen der Schicht traf Julian am Werktor ein, Eva wartete bereits auf ihn.
„Na? Gehen wir?“, fragte sie, hakte sich bei Julian unter, und schlenderte mit ihm los, bis hin zum Arbeiterwohnheim. Vor der Tür blieben beide stehen.
„Weiter gehe ich nicht“, sagte Julian, drehte sich um und lehnte seinen Rücken an die Eingangstür. „So, jetzt erzähle mir alles von Lina, dann kannst du die Tür passieren und ich gehe nach Hause.“
Eva tat auch den letzten Schritt in Richtung Tür und stand nun körpernah vor Julian. Julian nahm nun all ihr Potenzial wahr. Ihre Brüste rammten ihn wie Puffer eines Schienenfahrzeuges oberhalb seiner Magengrube. Eva redete auf ihn ein und ließ nichts unversucht, ihn zum Reinkommen zu bewegen. Dabei konnte er sich zwar etwas von der Tür lösen, fand sich aber sofort in der Ausgangsposition wieder. Nachdem er so zwei, dreimal nach vorn gewippt war, traf ihr Lippenpaar wie zufällig auf seines. Evas Kopf hatte eine passgenaue Rücklage und sie schien nicht gewillt, dieser zu entkommen.
„Die versteht ihr Handwerk“, stellte Julian fest. Er hielt stille und fand diese neue Erfahrung gar nicht so verkehrt. In der Ferne waren erste Stimmen zu hören. Jetzt versuchte sich Julian, von Evas saugenden Lippen zu lösen, vergeblich. Sie schienen wie fest geschweißt. Ihre Arme, die wie Tentakeln eines Kraken um seinen Hals geschlungen waren, hielten die zwei in einem Verbund zusammen. Erst als die ersten Arbeiter näherkamen, gab sie nach.
„Jetzt kommen die erst von der Schicht“, säuselte Eva Julian scheinbar unbekümmert ins Ohr. In ihrem Gesicht erkannte Julian ein spitzbübisches Lächeln. Und als sie sagte:
„Komm mit rein, wir trinken ein Glas Wein, und dann erzähle ich dir alles“, hatte er absolut nichts mehr dagegen. Er hatte in diesem Moment nur eines im Sinn:
„Nichts wie weg von hier, Fredi darf mich mit Eva zusammen nicht sehen. Oder ist es vielleicht schon zu spät?“
Erleben Sie eine packende Geschichte über Liebe, Leidenschaft und die vielen anderen Abenteuer, die das Leben für uns bereithält. Tauchen Sie ein in die packenden Ereignisse, die sich in diesem autobiografischen Roman zugetragen haben. Aber denken sie daran, auch bei einer romanhaften Biografie werden fiktionale Elemente dazu genommen, um eine Geschichte zu erzählen. Es darf auch gelogen werden.
[Anna/Paula] Im Gegensatz zu dem mit Fakten gespickten Dokumentar-Sachbuch besticht der gesamte kriminalistische Teil durch eine fesselnde und äußerst unterhaltsame Schreibweise. Gerne präsentiere ich Ihnen hierzu diese Leseprobe:
Kriminalkommissar Müller und die Kollegen um Louis hatten in der Abflughalle des Flughafens längst eingecheckt und warteten auf Dr. Winzling. Der hatte am Vorabend die Formalitäten schon erledigt, allerdings unter dem Namen „dr Muito Pequeno“. Das entging Brodans Leuten nicht.
Dann erschien dieser dr Muito Pequeno und huschte an vier Fluggästen, die ihre Nasen tief in ihren Zeitungen versteckt hielten, vorbei. Als First-Class-Reisender hatte er lange Wartezeiten ohnehin nicht zu befürchten.
Müller, der perfekt portugiesisch sprach, erklärte seinen Kollegen, dass dieser im perfekt sitzenden hellgrauen Dreiteiler mit dem hellen Travellerhut übersetzt „Dr. sehr klein“ heißt. Sein Gesicht war aalglatt rasiert. Das genutzte Rasierwasser ließ die extrem kurzen Bartstoppeln gar unter der rötlich gereizten Haut verschwinden. Es verbreitete eine Geruchswolke, mit der ein Kammerjäger ganze Populationen ausrotten könnte. Mit einem schmalen, akkurat gestutzter Oberlippenbart in Verbindung mit dem Namen erweckte er wahrhaftig den Eindruck eines Südländers.
Winzling unterhielt sich bald mit der Stewardess in schlechtem Portugiesisch. Müller amüsierte sich und konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen, als er dieses Counterfeit eines Brasilianers sah. Aus dem Schmunzeln entfaltete sich unterdrücktes Lachen.
Als Winzling seinen Platz im Flugzeug eingenommen hatte, stieg Müller als letzter Passagier ein. Wie es seine Art war, bückte er sich beim Einsteigen. Die Blicke der Passagiere richteten sich auf ihn und scherzhafte Lästereien wurden laut. Nur Winzling schien überhaupt nicht zum Scherzen aufgelegt. Als sich seine Blicke mit denen des langen Eintretenden trafen, rutschte er fast unter seinen Sitz. Man sah ihm an, dass er lieber wieder aussteigen würde, als mit diesem Senhor „Ungewiss“ zu reisen. „Zu spät“, sagte Winzling zu sich selbst, denn das Flugzeug glitt über die Startbahn und bald darauf in Richtung Brasilien. Aussteigen war nicht mehr möglich.
Weit über den Wolken unterhielt sich direkt neben Winzling die Stewardess mit diesem langen Kerl im perfekten Portugiesisch.
„atribuição de trabalho“, hatte Müller auf eine Frage der Stewardess geantwortet und lachte. Winzling hörte interessiert zu, hatte nicht verstanden, dass Müller seine Reise „Arbeitseinsatz“ nannte.
„Brasileiro?“, fragte er den beiden zugewandt und schien wieder erleichtert zu sein, als Müller antwortete: „Não, Moleiro da Alemanha.“
Das ahnungslose Gesicht des Möchte-gerne-Brasilianers bespaßte Müller ein weiteres Mal. Der schien nicht verstanden zu haben, dass sein Gesprächspartner Müller aus Deutschland war. Die innere Personenforschung zuvor war Winzling trotzdem anzusehen, denn seine Festnahme, an der Müller teilgenommen hatte, war ja nicht so lange her. Jetzt schien er aber wieder auf Wolke 7 zu schweben und lächelte zufrieden in sich hinein. Dieses Lächeln behielt Winzling auch, als er seinem Kumpel in Brasilien eine Nachricht übermittelte. Dass Louis Berrendt in der hinteren Kabine des Flugzeuges diese brühwarm verfolgte, ahnte er nicht. Und er freute sich und beschrieb, wie simpel es in Deutschland ist, sich der Justiz zu entziehen.
„Genial“, schwärmte Winzling weiter. „Deutschland ist eben ein phänomenales Land. Hier kann jeder machen, was er will. Und für Straftaten wird er sogar fürstlich bezahlt, wenn er es geschickt anstellt. Sogar mit dem Stiften von Waldbränden hat man sein reichlich bemessenes Auskommen, wenn das Ergebnis Urwald heißt.
Am Flughafen Rio de Janeiro fragte Müller Dr. Winzling auf Spanisch: „Hallo, kann ich Ihnen helfen?“
Winzling schaute nach oben und sagte: „Alemao“.
„Alemão?“, fragte Müller, „dann können wir uns ja deutsch weiter unterhalten.“
„Sehr gern“, sagte Winzling. „Woher haben sie denn ihr gutes Deutsch?“
„Ach, ich lebte sehr lange in Deutschland.“
„Mir ist so, als hätten wir uns schon irgendwo gesehen.“
„Ja, so klein ist die Welt und Zufälle gibt es immer wieder“, antwortete Müller. „Mein nächstes Ziel ist übrigens das Miamar By Windsor Copacabana. Wohin geht ihre Reise?“
Winzling zögerte mit der Antwort, dann sagte er:
„Sie haben recht, Zufälle gibt es immer wieder. Ich würde mit ihnen mitfahren, dieses Hotel ist zufällig auch mein Ziel.“
„Danke für ihre Hilfsbereitschaft“, sagte Winzling am Ziel und verabschiedete sich von seinem Begleiter. Doch der ignorierte die Verabschiedung, hing weiterhin wie eine Klette an ihm. Erst am Hoteleingang ließ er von ihm ab. Frank Kuhsewicht kam aus dem Hotel heraus und näherte sich Winzling. Noch bevor sich die beiden begrüßten, fragte Kuhsewicht:
„Wer ist denn der Lange da?“ Müller ging auf Kuhsewicht zu, zeigte seinen Dienstausweis und sagte:
„Ich möchte ihre Frage beantworten, der Lange ist Kriminalkommissar Müller. Herr Frank Kuhsewicht, sie sind wegen Beihilfe zum Mord festgenommen.“
Die Handschellen klickten auf seinem Rücken.
[Wolfgang] Die dritte Buchpräsentation ist eine Kurzfassung des utopischen Romans „Retter der Welt“ – ein Ausblick auf unsere Welt in 100 Jahren?
Die Menschheit schafft sich ab und keiner bekommt das mit. Diese schockierende Aussage stammt von dem Astrophysiker James Hansen, der die Öffentlichkeit aufrütteln möchte. Trotz des Wohlstands, den die meisten Menschen auf der Erde im Jahr 2120 genießen, sieht sich die Welt aufgrund schwerwiegender Systemschwierigkeiten einer drohenden Apokalypse gegenüber. Inkompetente Politiker und IT-Konzerne haben durch falsche Entscheidungen und fehlerhafte Geschäftspraktiken die Erde in den Ruin getrieben. Es gibt keine Tiere mehr, die Methan produzieren. Es gibt jedoch großflächig geschützte Bereiche, die für den Menschen nicht zugänglich sind. Dort leben verschiedene Insektenarten wie Würmer und Käfer. Sie vernichten Pflanzen und ganze Wälder, tragen aber zur Erweiterung des menschlichen Speiseplans bei, indem sie die im Labor hergestellten Nahrungsmittel ergänzen. Die ohnehin schon drastisch geschrumpfte Menschheit ist infolge Mangelernährung von Krankheiten und Seuchen bedroht und kämpft um das nackte Überleben. Hansen will etwas dagegen unternehmen. Auf der Erde erfährt er nur geringe Unterstützung, Hilfe sucht er deshalb anderswo. Ein Raumschiff vom Planeten Kepler 22r im Sternbild Centaurus ist genau das, was er jetzt braucht. Es steuert die Erde in Richtung seiner Forschungsstation auf der Insel Santa Lussia an. Hansen nimmt Kontakt mit einer Außerirdischen auf. Dank ihrer langjährigen Beobachtungen der Erde besitzt sie umfangreiche Kenntnisse über Geographie, Klima, Sprache und Entwicklungsstand. Ihr Interesse gilt der Umsiedlung ihres Volkes auf die Erde. Rasch erkennt Hansen, dass die eingetroffenen Außerirdischen hochintelligente Wesen sind und ihre Anatomie auf ihrem Planeten ähnlich der des Menschen auf der Erde verlaufen sein muss. Er ist fasziniert von der außerirdischen Frau, die sich, nachdem sie ihren Schutzanzug abgelegt hat, als außergewöhnlich schön und attraktiv entpuppt. Während der kurzen Unterhaltung kommt es zu einer von ihr initiierten intimen Beziehung. Die lang ersehnte professionelle Unterstützung ist nun in greifbare Nähe gerückt.
Die Aufnahme von Außerirdischen sorgt in der Erdbevölkerung für Kontroversen. Es werden Erinnerungen an das 21. Jahrhundert wach, als Konflikte zwischen den stark unterschiedlichen Kulturen auftraten, die zusammenleben mussten. Die Mächtigen der Finanz- und Wirtschaftswelt sehen sogar ihr System in Gefahr. Ein kleiner Staat wittert dagegen die Chance, mit Hilfe dieser hochentwickelten außerirdischen Intelligenz seine Misswirtschaft zu überwinden. Doch er treibt ein falsches Spiel, das den Weltfrieden akut gefährdet. Hansens Beziehung zu der Außerirdischen ist von unschätzbarem Wert. Er erhält Einblick in eine geniale Robotertechnologie. Mit diesem Trumpf in der Hand kämpft er nicht nur um die Rettung der Welt. Es geht auch um eine ungewöhnliche Familienzusammenführung.
[Wolfgang] Ich möchte mich im Namen der Crew für Ihre Aufmerksamkeit (und die rege Teilnahme an der Lesung) bedanken. Wenn es Ihnen gefallen hat, sagen Sie es gern weiter. Es würde mich freuen. Wir haben mit einem Lied begonnen, und so wollen wir unsere Buchlesung auch beenden, mit einem Lied aus der Zeit um 1870 – „Horch, was kommt von draußen rein“. Herr Kapellmeister – bitte!
Die noch fehlende Saxofonstimme wird nachgereicht, sollte bei der Lesung ja auch live gespielt werden.
Anmerkungen:
- Liebe Leserinnen und Leser, ich hoffe, Sie haben Verständnis dafür, dass ich die Namen der Protagonisten geändert habe.
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Schulen in Burg: 1821 besaß Burg sechs von der Gemeinde anerkannte Schulen: Nr.1 die Schule des Küsters (später 1. Dorfschule), Nr. 2 die Schule des Organisten, Nr. 3 die Schule des George Lehmann, Nr. 4 des Gottfried Lehmann, Nr. 5 des Martin Dahley und Nr. 6 die Schule des Martin Graz.
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Eine Biografie, egal in welcher Form, erzählt oder nacherzählt immer das Leben einer realen Person, die lebt oder mal gelebt hat. Nur werden bei einer romanhaften Biografie fiktionale Elemente dazu genommen, um eine Geschichte zu erzählen. Es darf auch gelogen werden, das nimmt auch kein Leser übel, er möchte ja eine gute Geschichte lesen.
Beispiel: Wilhelmine hat mir erzählt, dass ihre Mutter ein altes Haus gekauft hatte, dessen Fußboden aus normalem Sand bestand und dessen Strohdach kaputt war.
Ich habe geschrieben: „Der gleichmäßige Rhythmus des Plätscherns, der seinen Ursprung im Eimer neben meinem Bett hatte, fügte sich nahtlos in diesen Traum ein. Die Klänge waren wie eine vielschichtige Melodie, die ich aus jedem aufgeschlagenen Tropfen heraushörte.
Ich schaute nach oben und entdeckte einen großen braunen Fleck auf der weiß gekalkten Lehmdecke, dessen Umrandung eine abstrakte Form mit kunstvoll gestaltetem Muster bildete. Im Zentrum dieses Flecks sammelte sich in rascher Folge ein Wassertropfen, der dann im Eimer sein Ziel fand.“ Das habe ich mir natürlich ausgedacht.
- Ist ein Roman immer fiktional? Ja!
Die Ereignisse innerhalb des Romans sind nicht im echten Leben passiert. Der Autor hat sie sich ausgedacht.
Wichtig: Selbst wenn die Handlung auf wahren Ereignissen beruht (Wilhelmine), ist ihre schriftliche Aufarbeitung im Roman immer fiktiv (nicht real)! Der Leser kann sich die wahren Ereignisse im Roman selbst aussuchen und bestenfalls in einer Lesung nachfragen.
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